Jagdpolitischer Kommentar: Ein „weiter so“ ist keine Alternative!

Bernhard Breitsameter
Präsident des Bayerischen Waldbesitzerverbandes e. V.

Die jüngst vorgestellten Ergebnisse des Forstlichen Gutachtens bestätigen das, was viele Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer bei ihren Bemühungen, ihre Wälder zu verjüngen und umzubauen, regelmäßig selbst erfahren müssen. Knapp die Hälfte der bayerischen Hegegemeinschaften weisen eine nicht tragbare Verbissbelastung auf. Hier hat der Zukunftswald ohne Schutzmaßnahmen keine Chance. Ein Zustand, der schnellstmöglich verbessert werden muss.

Bereits im Waldpakt 2023 hatten sich die bayerische Staatsregierung und die Vertreter des Waldbesitzes darauf geeinigt, dass die jagdrechtlichen Rahmenbedingungen so gestaltet werden müssen, dass sie auch in Zeiten der Klimakrise das Aufwachsen zukunftsfähiger Wälder und damit auch den Schutz des Eigentums sicherstellen können. Im Vordergrund soll dabei die Schaffung von eigenverantwortlichen Handlungsspielräumen stehen.

Jagdminister Hubert Aiwanger hat nun einen Entwurf für die Änderung des Bayerischen Jagdgesetzes vorgelegt. Beim Rehwild soll die Abschussplanung in den Bereichen wegfallen, in denen sich die standortgemäßen Baumarten laut forstlichem Gutachten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen verjüngen lassen („grüne Bereiche“). Dies ist eine von unserer Seite bereits seit vielen Jahren vorgetragene Forderung und ist grundsätzlich zu begrüßen. Auch in den „roten Bereichen“ soll es eine Abschussplanfreiheit auf Antrag der Jagdgenossenschaft geben, die allerdings an Bedingungen geknüpft sein soll. Hier handelt es sich um die gemeinschaftlichen Jagdbezirke, in denen sich die standortgemäßen Baumarten, z. T. seit Jahrzehnten, im Wesentlichen NICHT ohne Schutzmaßnahmen verjüngen. Sie sind ein klarer Beleg dafür, dass es den beteiligten Jägern, Jagdgenossen und auch den zuständigen Unteren Jagdbehörden nicht gelingt, die Situation zu verbessern. Hier habe ich Zweifel, ob eine Stärkung der Eigenverantwortlichkeit alleine ausreicht, die Situation zu verbessern. Es ist sicherzustellen, dass, sollten die geplanten Zielvereinbarungen und Waldbegänge nicht den gewünschten Erfolg bringen, ein Eingreifen der Behörden zur Regulierung der Rehwildbestände erfolgt. Daher halte ich eine Evaluierung der Entwicklungen in den „roten“ Revieren, die die Abschussplanfreiheit nutzen, für unverzichtbar.

Ein weiterer Diskussionspunkt sind die Jagdzeiten. Wie bei der Abschussplanfreiheit sollten wir auch hier mutig sein und mehr Freiräume für die Rehwildbejagung schaffen. Ein früherer Beginn im April und die Nutzung der zweiten Januarhälfte würden mehr Freiräume für eigenverantwortliches Jagen schaffen und den Jägern mehr Möglichkeiten geben, eine an den Revierverhältnissen und der Witterung individuell ausgerichtete Bejagung des Rehwildes auszuüben. Ich bin mir sicher, dass die Jäger sehr wohl in der Lage sind, diese Freiräume verantwortungsbewusst und zielorientiert zu nutzen.

Leider fällt die Debatte um eine Weiterentwicklung der jagdrechtlichen Rahmenbedingungen jetzt in die Zeit eines Bundestagswahlkampfes. Im Rahmen der bayerischen Koalitionsverhandlungen 2023 kam es zu einer Übertragung des Jagdressorts vom CSU-geführten Landwirtschaftsministerium an das vom Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger geleitete Wirtschaftsministerium. Die Änderung des Bayerischen Jagdgesetzes droht nun zum Spielball der Parteipolitik zu werden. Die hohe Bedeutung des Themas, die Vielzahl der betroffenen Grundbesitzer im ländlichen Raum und auch die gesamtgesellschaftliche Relevanz des Erhaltes unserer Wälder macht es dringend erforderlich, bei einer Änderung des Jagdrechts sachorientierte und zukunftsfähige Lösungen erarbeiten. Darum haben wir jüngst in einem Schreiben an den Bayerischen Ministerpräsidenten dringend gebeten.

Wir werden mit allen Beteiligten weiter daran arbeiten, Lösungen für eine Anpassung der jagdrechtlichen Rahmenbedingungen zu entwickeln, die eine zeitnahe Verbesserung der Verbisssituation ermöglichen. Dazu gehören die Fixierung des Forstlichen Gutachtens als Basis, Freiräume und Eigenverantwortlichkeit bei der Rehwildbejagung, aber auch der gesetzliche Schutz des Eigentums, wo die Eigenverantwortlichkeit allein erkennbar nicht ausreicht. Das geht nur mit zukunftsorientierten Lösungen; ein „Weiter so, wie bisher“ können wir uns nicht leisten.

<< Zurück